Das Deutsche Wörterbuch

von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm

Dem Deutschen Wörterbuch wird in der deutschen Wissenschaftsgeschichte zu Recht eine Sonderstellung eingeräumt, handelt es sich doch um das deutschsprachige Wörterbuch mit der längsten Bearbeitungszeit und der bei weitem umfangreichsten Erfassung der deutschen Sprache.
Im Jahr 1838 gelang es dem Philologen Moriz Haupt und dem Verleger Karl Reimer, Jacob und Wilhelm Grimm für das Projekt eines großen neuhochdeutschen Wörterbuchs zu gewinnen, dessen Gegenstand die Darstellung des hochdeutschen schriftsprachlichen Wortbestandes in seiner Entwicklung und seinem Gebrauch von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zur Bearbeitungsgegenwart werden sollte. Als die Brüder Grimm die redaktionelle Ausarbeitung des Deutschen Wörterbuchs (¹DWB) aufnahmen, veranschlagten sie dessen Umfang auf sechs bis sieben Bände, die Arbeitszeit auf zehn Jahre; tatsächlich erschienen in mehr als einhundert Jahren 16 Bände in 32 Teilbänden, auf deren insgesamt 67.744 Spalten Generationen von Lexikographen weit mehr als 300.000 Stichwörter behandeln, und ein separates, rund 4.000 Quellen umfassendes Quellenverzeichnis.

Das Fehlen einer für alle Bände grundlegenden Wörterbuchkonzeption und seine lange, von den Vorstellungen und Vorlieben der jeweiligen Bearbeiter und den jeweils aktuellen Erkenntnissen aus Sprachwissenschaft, Philologie und Geschichtswissenschaft geprägte Geschichte machen das ¹DWB einerseits zu einem überaus heterogenen Werk, andererseits aber sind mit ihm über einhundert Jahre Institutionengeschichte verbunden, die zugleich über einhundert Jahre politischer, sprachpolitischer und lexikographischer Geschichte widerspiegeln. Dadurch wird das ¹DWB nicht nur zu einem worthistorischen Grundlagenwerk der deutschen Sprache, sondern auch zu einem unvergleichlichen Zeugnis wissenschaftlicher Theorien, Verfahren und Methoden des 19. und 20. Jahrhunderts, dem noch immer ein reges Interesse entgegengebracht wird.

Durch die Bereitstellung einer elektronischen Version des ¹DWB auf CD-ROM und im Internet ist dieses für Lehre und Forschung unerlässliche Werk unabhängig von den Öffnungszeiten der Bibliotheken einem größeren Benutzerkreis zugänglich und mit erweiterten Benutzungsmöglichkeiten versehen. Neue Wege der Recherche erlauben nicht nur ein Nachschlagen über Stichwortlisten und Register, sondern beispielsweise auch Anfragen über Volltextsuchen oder gezielt eingrenzbare Suchvorgänge.

Daten zur Geschichte des Deutschen Wörterbuchs

März 1838   der Philologe Moriz Haupt und der Verleger Karl Reimer gewinnen Jacob und Wilhelm Grimm für das Projekt eines neuhochdeutschen Wörterbuchs
29.08.1838   erste Ankündigung des Deutschen Wörterbuchs in der Leipziger Allgemeinen Zeitung
06.10.1838   Jacob Grimm und Salomon Hirzel unterzeichnen eine vorläufige Übereinkunft über einen Verlagsvertrag zum ¹DWB, die als Vorvertrag gilt
1838–1847   Aufbau eines Belegarchivs mit ca. 600.000 Belegen aus der schönen Literatur und älterem Fach- und Sachschrifttum für den Wortschatz von A – Z, das in der Folgezeit ständig erweitert wird
26.09.1846   auf der Germanistenversammlung in Frankfurt/Main stellt Wilhelm Grimm den Plan des Wörterbuchs erstmals der Fachöffentlichkeit vor (die Rede ist im Begleitband der CD-ROM-Version abgedruckt)
1847   Abschluss des Verlagsvertrages zwischen den Brüdern Grimm und der Weidmannschen Buchhandlung
1849/50   Beginn der redaktionellen Ausarbeitung
01.05.1852   Erscheinen der ersten Lieferung [A – Allverein] zur Leipziger Frühjahrsmesse
1853   die Verlagsrechte des ¹DWB gehen auf den S. Hirzel Verlag als Nachfolger der Weidmannschen Buchhandlung über; von der fünften Lieferung an erscheint das ¹DWB beim S. Hirzel Verlag Leipzig
13.04.1854   Veröffentlichung des ersten Bandes [A – Biermolke] mit einer umfassenden Vorrede Jacob Grimms
16.12.1859   Tod Wilhelm Grimms
20.09.1863   Tod Jacob Grimms;
bis zu diesem Zeitpunkt bearbeitete Stichwörter: „A“ bis einschließlich „Frucht“;
Fortführung der Arbeit am Wörterbuch u.a. durch Rudolf Hildebrand und Moritz Heyne
ab 1868   Beginn einer teilweisen staatlichen Finanzierung des bisher ausschließlich vom Hirzel-Verlag getragenen Wörterbuchs
bis 1900   Bearbeitung von etwa 50% des Wortschatzes
1908   Übernahme der wissenschaftlichen Leitung des Wörterbuchs durch die Deutsche Kommission der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
seit 1921   Beteiligung der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaften (später DFG) an der Finanzierung des ¹DWB
1930   Institutionalisierung der Wörterbuchbearbeitung durch Einrichtung einer ständigen Arbeitsstelle für die Erarbeitung der noch ausstehenden Wörterbuchlieferungen in Berlin
1930/31   Umsetzen der besten Erfahrungen aus der bisherigen Bearbeitungszeit des ¹DWB in die schriftliche Form von Arbeitsrichtlinien
1947   Einrichtung einer zweiten ständigen Arbeitsstelle in Göttingen
Jan. 1961   Erscheinen der letzten Lieferung;
von der Regierung der DDR wird das ¹DWB mit der Verleihung des Nationalpreises I. Klasse an das Wörterbuchkollektiv gewürdigt
1971   Erscheinen des Quellenverzeichnisses als 33. Band des Gesamtwerkes
1984   Erstausgabe des ¹DWB als Taschenbuch im dtv-Verlag
1999   Neuauflage der Taschenbuchausgabe
     
seit 1965   Beginn des Erscheinens einer Neubearbeitung (²DWB) der Teile A – F, herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen und der Göttinger Akademie der Wissenschaften